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Sommer auf dem Friedhof, auch dies eine Zeit der Toten: Es ist zu heiĂź, sich zu bewegen, und Zeit und Raum stehen still wie die viel zu helle Sonne am Himmel. Selbst die Natur scheint kurz zu schlafen, fast wie im Winter (bis auf die Insekten natĂĽrlich, die, endlich auf Betriebstemperatur, wie irre schwirren und krabbeln und sich vermehren).

Doch ist hier schattiges Asyl an jeder Ecke, und selbst auf weiten Wiesen und Wegen nie gänzlich lebensfeindliche Wüste. Wofür schon die unzähligen gemauerten Brünnlein sorgen und den Ort – was könnten sich die Toten mehr wünschen – freundlich und einladend machen.







Zu den wiederum von Joachim Schmidt geschossenen Sommerfotos vom Frankfurter Hauptfriedhof passt ein kleiner Ausschnitt aus einem weiteren Schwergewicht der Weltliteratur, dem „Ulysses“ von James Joyce. Irische Spott- und Sprachlust löst österreichische Seelenergründung ab, und macht den „Hades“, wie das Kapitel unter Kennern heißt, fast schon zur Lachnummer. Wortwitz, Musik und Alkohol mischen sich im irischen Gegenzauber zum Medusenhaupt des Todes, das ja ansonsten keinen Spaß versteht.

Die Hauptfigur des Werks, Leopold Bloom, ist Teil einer kleinen Trauergesellschaft, die einem verstorbenen Freund das letzte Geleit gibt. Ort der Handlung ist Dublin, die Zeit der 16. Juni 1904, Bloomsday. In der Kutsche wird der Sarg von Paddy Dignam von seinem Wohnort quer durch Dublin bis zum Friedhof Glasnevin im Nordwesten gefahren, wo die Beerdigung stattfindet.

Ein weiter Weg, am Rande bemerkt, für den man gut zu Fuß sein muss, um heutzutage nicht doch in einen komfortablen Bus einzusteigen. Während der Trauerzug dem Sarg zum Grab folgt, lässt der Friedhofsaufseher ein lustiges „Döneken“ vom Stapel. Felix Hibernia!




 
- Did you hear that one, he asked them, about Mulcahy from the Coombe?

- I did not, Martin Cunningham said.

They bent their silk hats and Hynes inclined his ear. The caretaker hung his thums in the loops of his gold watchchain and spoke in his discreet tone to their vacant smiles.

- They tell the story, he said, that two drunks came out here one foggy evening to look for the grave of a friend of theirs. They asked for Mulcahy from the Coombe and were told where he was buried. After traipsing about in the fog they found the grave shure enough. One of the drunks spelt out the name: Terence Mulcahy. The other drunk was blinking up at a statue of Our Saviour the widow had got put up.

The caretaker blinked up to one of the sepulchres they passed. He resumed:

- And after blinking up at the sacred figure, Not a bloody bit like the man, says he. That´s not Mulcahy, says he, whoever done it.




 

- Habt ihr den schon gehört, fragte er sie, den von Mulcahy aus der Coombe?

- Ich nicht, sagte Martin Cunningham.

Sie senkten im Einvernehmen die Zylinder, und Hynes neigte sein Ohr. Der Friedhofsaufseher hängte die Daumen in die Schlaufen seiner goldenen Uhrkette und sprach im diskreten Ton zu ihrem leeren Lächeln:

- Also die Geschichte ist die, sagte er, dass an einem nebligen frühen Abend mal zwei Besoffene hier rauskamen, um nach dem Grab von einem ihrer Freunde zu sehen. Sie fragten nach Mulcahy aus der Coombe, und bekamen Auskunft, wo er begraben lag. Nachdem sie eine Weile im Nebel herumgetappt waren, fanden sie auch richtig das Grab. Der eine Besoffene buchstabierte den Namen: Terence Mulcahy. Der andere blinzelte derweil zum Standbild unseres Erlösers empor, das die Witwe da hatte aufstellen lassen.

Der Friedhofsaufseher blinzelte zu einem der Grabmäler empor, an denen sie vorüberkamen. Er fuhr fort:

- Ja, und wie er nun ausgiebig zu der heiligen Gestalt emporgeblinzelt hat, sagt er, Also nicht das kleinste bisschen Ă„hnlichkeit. Nee, das ist Mulcahy nicht, sagt er, egal wers gemacht hat.





Fotos: J. Schmidt ©


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